Die Sache mit dem Gender Gap
21 Prozent. Soviel verdienen Frauen, laut aktueller Studien, weniger als Männer. Das ist über ein Fünftel. Berechnet man das auf einen durchschnittlichen Arbeitstag könnte man sagen, dass während du und dein Kollege beide am gleichen Projekt sitzen und arbeiten, du ab 6,5 Stunden sozusagen unbezahlt arbeitest, während er bis zur letzten Minute sein volles Gehalt bekommt. Auf die Woche gerechnet sind es 7,5 Stunden und somit fast ein ganzer Arbeitstag. Ja, ich spreche vom Gender Gap.
Natürlich ist der Gender Gap umstritten, da viele Frauen auch in Teilzeit arbeiten und daher automatisch weniger verdienen. Wenn man es allerdings anhand der tatsächlich geleisteten Arbeit betrachtet, verdienen Frauen immer noch deutlich weniger als Männer. Warum ist das so?
Ich habe schon lange in meinem Freundes- und Bekanntenkreis festgestellt, dass Männer bereits eine ganze andere Erwartungshaltung an das Gehalt haben, als Frauen. Frauen sind sozialer, stellen ihre eigene Arbeit nicht so sehr in de Vordergrund und halten sie leider auch oft für nicht besonders relevant für das Unternehmen im Vergleich zu Männern. Die Folge? Wir Frauen verlangen automatisch weniger Gehalt, geben uns sogar mit viel weniger zufrieden und fordern seltener eine Gehaltserhöhung.
Zwei Wege zu mehr Gehalt
Bei mir war das ähnlich. Ich habe nach dem Studium einen sehr schlecht bezahlten Job angenommen, bei dem ich täglich 10 – 12 Stunden gearbeitet habe. Den Job habe ich nach vier Wochen geschmissen. Das ist jetzt fünf Jahre her und mittlerweile verdiene ich netto mehr, als ich damals noch brutto verdient habe – und das sogar bei Steuerklasse 1.
Theoretisch gibt es zwei Wege, um mehr Geld zu verdienen: Entweder du wechselst alle paar Jahre den Arbeitgeber, oder du fragst regelmäßig nach mehr Gehalt. Ich habe nach dieser schlechten Erfahrung im ersten Job nach dem Studium noch einmal den Arbeitgeber gewechselt. Meine Gehaltssprünge kamen allerdings eher dadurch zustande, dass ich regelmäßig an die Tür meines Chefs klopfe und nach mehr Gehalt frage. Aus meinem Umfeld weiß ich, dass viele Frauen sich einfach nicht trauen, weil sie glauben, es stehe ihnen nicht zu oder sie kommen damit nicht gut an.
Da es auch bei mir am Anfang viel Überwindung gekostet hat, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen, weiß ich genau, welche Gedanken dir dabei durch den Kopf gehen. Hier also die Denkweisen, die du ändern solltest, wenn du mehr Gehalt möchtest, dich aber nicht traust danach zu fragen.
1. Die Erziehung deiner Eltern vergessen
Bevor die Generation Y, zu der ich eigentlich auch gehöre, auf den Arbeitsmarkt gelassen wurde und tägliche Benefits, Firmenevents und Sabaticals vom Arbeitgeber verlangte, gab es die Generation, die eher genügsam war und glücklich, einen Job zu haben. So haben mich auch meine Eltern erzogen. Man solle sich nicht beschweren, da man doch froh sein muss, einen Job zu haben und mit seinem Gehalt doch gefälligst zufrieden sein muss.
Was man dabei allerdings nicht bedenkt, ist, dass du zwar ein bestimmtes Einstiegsgehalt bekommen hast, was zu dem Zeitpunkt vielleicht angemessen war, allerdings haben sich deine Kenntnisse mit Sicherheit weiterentwickelt. Egal, ob du an der Käsetheke arbeitest und mittlerweile jeden Käse an seiner Farbe erkennst, im Einzelhandel jeden Lieferanten beim Namen nennst oder ob du Projektmanagerin bist und deine Aufträge mittlerweile ein doppelt so hohes Budget haben, wie zu Anfang – du hast dich im Idealfall auf irgendeine Weise weiterentwickelt.
Wieso sollte sich also dein Gehalt nicht auch weiterentwickeln? Schließlich steigt doch auch von Monat zu Monat dein eigener Wert, da du immer mehr Erfahrung und mehr Kenntnisse von einem bestimmten Produkt hast oder die Prozesse in deinem Unternehmen besser kennst. Vergiss also, was deine Eltern dir beigebracht haben. Wir haben aktuell sowieso den tiefsten Arbeitslosenstand seit langer Zeit und dein Können wird auf dem Arbeitsmarkt gebraucht!
Nimm dein Geld endlich selbst in die Hand! Mit meinem neuen Buch “Easy Money”
2. Aufhören zu denken, du bist die Bittstellerin
Wenn du morgen in das Büro deiner Chefin reingehen würdest, um sie nach mehr Gehalt zu fragen, wie sähe das aus? Würdest du selbstbewusst reinmarschieren und mit fester Stimme deine Argumente vorlegen? Oder vielleicht doch eher schüchtern und mit leiser Stimme deine Bitte äußern?
Das Problem von uns Frauen ist unser Mindset! Wir glauben, dass wir in diesem Augenblick die Bittstellerin sind, die einen Wunsch äußert, der uns eigentlich gar nicht zusteht. Versuch diese Situation mal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen:
Wenn du deine Chefin nach mehr Gehalt fragst und ihr darüber redet, befindet ihr euch mitten in einer Gehaltsverhandlung. Die Betonung liegt auf dem Wort Verhandlung. Denn was passiert hier? Zwei Geschäftspartner treffen sich, um sich einig zu werden: Der eine Part bietet eine Dienstleistung an, die der andere Part braucht. Dafür bietet dieser Part (deine Chefin) Geld an, was du wiederum brauchst. Eine ganz normale Situation also, bei der nun beide Parteien auf Augenhöhe herausfinden müssen, was diese Arbeit für den Betrieb wert ist. Und im nächsten Punkt erfährst du, dass deine Arbeit mit Sicherheit mehr wert ist, als du denkst!
3. Keine Angst mehr haben
Hast du ein gutes Verhältnis zu deiner Chefin? Und hast du Angst, wenn du sie nach einer Gehaltserhöhung fragst, dass dann dein Ansehen bei ihr sinkt und du in Ungnade bei ihr fällst? Auch das ist mal wieder so eine typische Macke von uns Frauen.
Dabei ist es doch so: Du wurdest eingestellt, weil du etwas besonders gut kannst und deine Arbeitgeberin hat kalkuliert, dass deine Leistung ihr am Monatsende mehr Geld bringt, als du sie kostest. Durch dich und deine Arbeit profitiert die Firma somit finanziell, oder? Ihr seid also zwei vollkommen gleichberechtigte Partner. Natürlich wird keine Vorgesetzte glücklich darüber sein, dass du mehr Geld möchtest. Kann sie auch nicht. Denn wenn es die Runde machen würde, dass es so einfach ist, würden schließlich alle an ihrer Tür klopfen und mehr Geld verlangen. Dass deine Vorgesetzte im ersten Augenblick empört sein mag, ist einfach nur ihre Taktik.
Stell dir vor, bei ZARA würde dich die Kassiererin plötzlich fragen, ob du für die Jeans nochmal 10€ drauflegst. Du wärst natürlich empört. Da du aber weißt, dass die Qualität eigentlich gut und die Jeans eh schon günstig ist, wärst du natürlich auch bereit 10€ mehr zu zahlen und trotzdem genauso zufrieden mit der Hose. Ähnlich ist das Spiel zwischen dir und deiner Chefin.
Indem du für dich und deine Interessen eintrittst, beweist du, dass du wirtschaftlich denkst und immer das Beste aus einer Sache rausholen möchtest. Und wenn du dich selbst gut vertreten kannst, dann kannst du doch dein Unternehmen ebenfalls gut vertreten und bist eine sehr wertvolle Mitarbeiterin! Also trau dich endlich und hol dir das, was dir zusteht!
Du möchtest endlich mehr von deinem Geld?
Dann kauf dir jetzt meinen umfassenden Finanzratgeber “Easy Money”. Hier erfährst du über Geld sparen, absichern und Geld anlegen, um es zu vermehren, alle Infos, die du brauchst. Mehr dazu findest du hier: Easy Money. Erschienen am 4. November 2019 im Piper Verlag.
Der bereinigte Gender-Pay-Gap liegt bei 3-6% (je nach Quelle).
Würden Frauen bei der gleichen geleisteten Arbeit markant weniger verdienen, dann würden die Unternehmen sicherlich nur noch Frauen einstellen – machen ja die gleiche Arbeit für viel weniger Geld.
Ich glaube da gehen nicht nur die Meinungen, sondern auch die Statistiken weit auseinander. Sehr bezeichnet ist nichtsdestotrotz dieses sehr aktuelle Ergebnis: http://www.horizont.net/agenturen/nachrichten/Terre-des-Femmes-Mit-diesem-Transgender-Experiment-zeigt-JvMSaga-wie-gross-die-Gender-Pay-Gap-ist-165073
Super Tips! Ich habe mich bisher viel zu wenig mit dem Thema Gehaltsverhandlungen beschäftigt und habe das Gefühl bis heute alles falsch gemacht zu haben, was geht :/ Ich würde mich über noch mehr Input zu dem Thema freuen, z.B. Buchempfehlungen.
Der Beitrag ist zwar schon etwas älter, aber sicher nicht weniger aktuell. Ich selbst verdiene aktuell trotz Promotion in einer Führungsposition weniger als 50% meiner Mitarbeiter. Und ich habe nicht mal das Wort Führungskraft in meiner Stellenbeschreibung… ich habe bereits mit meinem Chef, mit noch höheren Stellen in der Hierarchie und der Personalabteilung gesprochen…alle reden sich mit dem Tarifvertrag des Unternehmens raus. Das hätte ich nie von einem großen, aktiendotierten Unternehmen erwartet! Aber aktiv weitere Gespräche anstoßen…dafür fehlt mir auch einfach die Energie…denn es fällt mir – typisch Frau – enorm schwer das Thema anzusprechen.
Dieser Beitrag hat mich nochmal motiviert, es nicht fallen zu lassen, aber ich schaue mich trotzdem nebenbei nach anderen Stellen um….
PS: insgesamt eine super Seite mit vielen Tollen Beiträgen!!!