Basiswissen Derivate: Zertifikate

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Wie bereits im Beitrag zu Derivaten erklärt, kaufst du mit Zertifikaten keine Aktie, sondern ein Produkt der Bank, das sich nur an der Aktie orientiert. Die Aktie, an der sich das Zertifikat orientiert, nennt man Basiswert. In diesem Beitrag möchte ich die bekanntesten und wichtigsten Zertifikate vorstellen. Wie bei allen Investitionen, gilt auch hier: Finger weg, von Produkten, die man nicht vollkommen versteht! Besonders Derivate, wie die hier vorgestellten Zertifikate sind mit Vorsicht zu genießen.

Was ist ein Zertifikat?

Zertifikate sind Zahlungsversprechen einer Bank an den Inhaber des Zertifikats. Manche von ihnen bieten tolle Vorteile, sind aber gleichzeitig auch oft mit hohen Risiken behaftet.

Wenn ich ein Zertifikat kaufe, kaufe ich keine Aktie, sondern gehe mit der herausgebenden Bank ein Abkommen ein. Im Gegenteil zu einer klassischen Aktie besteht hier jedoch das Risiko, dass mein Vermögen einzig von der Bank abhängt und somit nicht abgesichert ist. Geht die Bank pleite, ist mein Geld auch weg. Stichwort: Finanzkrise und Lehman Brothers.

Ist die Bank pleite, kann sie natürlich ihre Wettschulden nicht begleiten und ich habe Pech gehabt. Aktien liegen zwar auch bei einer Bank, hier ist die Bank jedoch nur der Ort der Aufbewahrung und ich bekomme meine Aktie von der Bank zurück, wenn sie nicht mehr zahlungsfähig ist. Sobald aber Emittent, also der Herausgeber des Zertifikats Insolvenz anmeldet und seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, ist das Geld verloren. Dies ist das sogenannte Emittentenrisiko.

Es gibt allerdings noch einen weiteren Unterschied zum Aktienkauf. Dadurch, dass du keinen Anteil am Unternehmen kaufst, sondern lediglich eine Wette auf den Kursverlauf eingehst, fließt dein Geld nicht in die Aktiengesellschaft. Somit kann dieses Geld nicht für Investitionen eingesetzt werden. Das betreffende Unternehmen und seine Mitarbeiter haben also rein gar nichts von dieser kleinen Wette. Halten wir fest: Zertifikate sind weder abgesichert, noch nachhaltig. Man kann allerdings solche Wetten nicht nur auf einzelne Aktien abschließen, sondern auf ganze Indizes, ähnlich wie bei ETFs. So kann man beispielsweise ein DAX-Zertifikat kaufen und auf die Entwicklung des DAX Der bedeutendste deutsche Aktienindex, der die Wertentwicklung der 40 größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes repräsentiert. spekulieren.

Hebelwirkung von Zertifikaten

Besonders interessant und besonders riskant ist bei Derivaten übrigens die Hebelwirkung Bei den sogenannten Hebelprodukten oder auch Knock-out-Zertifikaten werden Gewinne, aber auch Verluste vervielfacht. Wer an eine positive Entwicklung des Kurses glaubt, setzt auf Long-Positionen. Bei einem Hebel von 10 steigt der Gewinn um das Zehnfache, falls der Aktienkurs oder Index ebenfalls steigt. Genauso verliert man allerdings auch das Zehnfache, des Kursabstiegs. Pessimisten können auf Short-Positionen setzen. Hierbei bekommt der Hebel ein negatives Vorzeichen (z.B. -10), was bewirkt, dass sich bei einer negativen Kursentwicklung der Gewinn vervielfacht. So mancher Emittent lockt gerne damit, dass man mit nur geringem Einsatz, ein großes Vermögen aufbauen kann. Man kann damit aber auch seinen gesamten Einsatz verspielen. Merke: positiver Kursverlauf = Long-Position, negativer Kursverlauf = Short-Position.

Während Indexzertifikate und Basket-Zertifikate, ähnlich wie bei einem ETF, einen Kurs 1:1 nachbilden, gibt es noch Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate oder Garantiezertifikate.

Discount-Zertifikate

Bei Discount-Zertifikaten bekommst du Aktien zu einem Sonderpreis: Statt einem aktuellen Wert von beispielsweise 100€, zahlst du nur 80€ für die Aktie. Eigentlich ein gutes Geschäft, oder? Der Haken ist jedoch, dass solche Discount-Zertifikate durch einen Cap gedeckelt sind. Die Gewinne, die man damit erzielen kann, sind somit nach oben begrenzt. Steigt der Kurs der Aktie auf 120€, der Cap liegt aber auf 110€, so bekommst du nur die 110€ ausgezahlt. Als Faustregel kann man sich merken, dass je größer der Rabatt ist, desto niedriger ist der Cap.

Leider ist der Cap, oder auch Deckel genannt, jedoch nur nach oben gesetzt. Alle Gewinne, die die Aktie über die 110€ einfährt, bekommt die Bank. Fällt die Aktie jedoch, so bleibst du auf deinen Verlusten sitzen. Während die Gewinnchancen also nach oben begrenzt sind, sind sie nach unten hin bis zum Totalverlust offen. Ein weiterer Nachteil: Du siehst nichts von der Dividende, denn auch diese streicht die Bank ein.

Es gibt auch Discount-Zertifikate ohne Laufzeitbindung: Rolling-Discounts. Sie sind theoretisch unendlich lange einsetzbar, allerdings wird der Cap in regelmäßigen Abständen an die aktuellen Marktgegebenheiten angepasst. Und das weist sich meist nicht zum Vorteil des Zertifikat-Inhabers aus.

Bonus-Zertifikate

Bei Bonuszertifikaten sieht deine Wette mit der Bank so aus: Es gibt eine Untergrenze, die der Wert der Basisaktie nicht berühren darf. Wenn das gelingt, bekommst du am Laufzeitende einen vorher festgelegten Preis, oder den gestiegenen Aktienwert ausgezahlt. Mal angenommen du kaufst für 8€ ein Kilo Kaffee und wettest mit deiner Freundin, dass der Preis bis zum Jahresende zwischen 5 und 10€ je Kilo liegen wird. Sie glaubt allerdings, dass der Preis sinkt und verspricht, dir 12€ zu geben, falls der Preis die 5€-Marke berührt. Im Laufe des Jahres schwankt der Kurs nun immer mal nach oben oder nach unten. Sobald er die 5€ Marke unterschritten hat, bekommst du nichts von ihr und hast nun ein Päckchen überteuerten Kaffee zu Hause. Wenn der Kaffeepreis aber konstant bis zum Jahresende über 5€ liegt, zahlt sie dir die vereinbarten 12€ aus – auch wenn das Päckchen nur noch 7€ wert ist.

Es gibt also zwei große Vorteile beim Bonus-Zertifikat: Zunächst bist du teilweise gegen Kursverluste abgesichert: Falls der Kaffeepreis auf 7€ fällt, bekommst du am Ende trotzdem 12€ für ihn, obwohl du 8€ gezahlt und somit 1€ verloren hättest. Andererseits: Steigt der Preis auf 9€, bekommst du trotzdem 12€ und hast somit die Chance auf Bonusbeiträge am Laufzeitende. In diesem Fall eine Bonuszahlung von 3€.

Das Problem ist jedoch, dass du während der Laufzeit nicht selbst handeln kannst: Fällt der Preis ins Bodenlose, kannst du dein Geld nicht retten, indem du das Zertifikat noch schnell verkaufst. Du musst es bis zum Wettende halten und aufbewahren. Im schlimmsten Fall erfährst du also einen Totalverlust und dein Geld ist weg.

Garantiezertifikate

Der wichtigste Bestandteil eines Garantie-Zertifikats ist, dass die Bank dir garantiert, dein eingesetztes Kapital auch bei negativen Kursentwicklungen zurückzugeben. Vorausgesetzt natürlich, sie geht in der Zwischenzeit nicht pleite. Da diese Zertifikatsform dein Kapital schützen, wird sie auch als Kapitalschutz-Zertifikat bezeichnet. Angenommen du kaufst ein Zertifikat auf den Basiswert von 100€. Der Nominalbetrag, den du am Ende definitiv bekommst, liegt bei 90€. Fällt die Aktie während der Laufzeit aber auf 80€, bekommst du am Ende trotzdem die vereinbarten 90€ ausgezahlt. Statt 20€ zu verlieren, verlierst du somit nur 10€.

Theoretisch gibt es nach oben hin keinen Cap, wie beim Discount-Zertifikat. Schießt die Aktie nach oben, partizipierst du am Gewinn mit. Aber nur teilweise. Und hier kommt die Krux: Wenn die Aktie nun auf phänomenale 150€ steigt, dann kann es passieren, dass du von den Gewinnen nur 25% bekommst, also nur 10€. Jedes Garantie-Zertifikat hat andere Bedingungen und jede Menge Kleingedrucktes. Hier ist es wichtig zu schauen, inwiefern du an Gewinnen beteiligt bist.

Zum Abschluss

Zertifikate können also je nach Typ, die Verluste minimieren. Andersrum halten sie auch die Gewinnmargen oft niedriger, als sie tatsächlich sind. Zudem erhält die Zertifikatshalterin keine Dividenden, die ebenfalls sehr profitabel ausfallen können.

Hierbei sollte sich also jede Anlegerin die Frage stellen: Warum sollte ich das Zertifikat auf einen Basiskurs kaufen, wenn ich nicht wirklich an den Gewinn glaube? Wenn ich Aktien kaufe, dann mache ich mir vorher viele Gedanken über das Unternehmen und die gesellschaftliche Entwicklung. Ich möchte nie nur ein wenig Gewinn mit einer Aktie machen, sondern hoffe auf große Kursanstiege. Verhält sich die Aktie nicht, wie ich es mir vorstelle, kann ich sie entweder verkaufen, oder, ich glaube an den Erfolg und sitze es aus.

Der wichtigste Punkt ist aber meiner Meinung nach, dass das Geld, was ich dafür zahle, nicht in das Unternehmen fließt. Beim Aktienkauf erhält das jeweilige Unternehmen, Geld von mir und kann damit neue Maschinen kaufen, bessere Forschung betreiben oder neue Mitarbeiter einstellen. Na gut, allein von meinem vergleichsweise kleinen Betrag kann sie es nicht, aber zumindest neue Büroutensilien sollten drin sein. Aber im Ernst: Die Investition in Zertifikate hat keine wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Einzig die Bank wird dadurch reicher.

Wie bei jedem Investment gilt auch hier: Gut Informieren und sich die unterschiedlichen Szenarien, die passieren können durchspielen.