Finanzblogs für Frauen – braucht’s das? Es kommt nicht selten vor, dass ich gefragt werde: „Ein Finanzblog für Frauen? Was soll das denn sein? Wozu braucht’s das denn? Verstehen Frauen „normale“ Finanzseiten denn nicht?“ Ja, wir leben in einer Zeit, in der ständig Events, Websites oder Podcasts speziell für Frauen herauskommen und angeboten werden. Feminismus, Gleichberechtigung und #metoo, da macht natürlich ein Finanzblog für Frauen auch Sinn – um einfach nur auf den Zug aufzuspringen. Aber so einfach ist die Welt nicht.
Die Ansprache: Der Anleger und die Sekretärin
Als ich vor etwa fünf Jahren anfing, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, las ich Bücher, besuchte Seminare und surfte auf diversen Websites. In den Büchern wurde immer nur vom Anleger gesprochen und es war klar, dass damit tatsächlich der Mann gemeint ist. In seinem Bestseller „Cashkurs“ richtet sich Dirk Müller an Männer und an Frauen: „Immerhin stehen Sie ja im Berufsleben wahrscheinlich höchst kompetent Ihren Mann oder Ihre Frau, sei es als erfindungsreicher Ingenieur, oder als verlässliche Sekretärin, erfolgreicher Schulabgänger oder auf welche Weise auch immer.“
Ich rechne es Herrn Müller ja hoch an, dass er immerhin auch Frauen hier anspricht, was schonmal die meisten seiner Kollegen nicht tun. Muss man als Frau denn immer die verlässliche Sekretärin sein? Vermutlich ist dies ja nicht einmal böse Absicht. Aber ich fühle mich hier einfach nicht angesprochen und abgeholt.
Aber nicht nur mein Empfinden ist so. Die SZ zitierte letztes Jahr eine britische Studie, die herausfand, dass Medien Männer und Frauen in Finanzfragen unterschiedlich ansprechen: „In der Themenwahl, der inhaltlichen Stoßrichtung der Artikel und in der Sprache. Thematisch würden Artikel für Frauen oft darauf abheben, wie man Kosten sparen oder sich ein kleines Zubrot verdienen kann. Artikel für Männer wiederum handelten von Aktien, Immobilien oder edlen Weinen als Investment.“
Optik: Willkommen im Jahr 2001
Wie sieht es mit den Webseiten zum Thema aus? Als Online-Redakteurin, die in ihrem Hauptjob Kunden bzgl. ihres Webauftritts berät, und auch als Frau, habe ich einen gewissen ästhetischen Anspruch. Nein, ich brauche nicht alles mit pinken Luftballons und rosa Herzchen zu sehen. Eine übersichtliche und zeitgemäße Seite wäre aber schon schön. Insbesondere manche professionelle Seiten könnten einen Relaunch mit frischer Optik und mehr Ordnung vertragen.
Wenn ich mir daneben die Seiten anderer Finanzbloggerinnen ansehe, dann haben die einfach einen frischen Touch und machen Spaß, sich darin zu verlieren. Männer und Frauen haben eben auch einen unterschiedlichen Geschmack hinsichtlich Einrichtung oder Kleidung – warum dies nicht auch Online anbieten und ausleben?
Unterhaltung: Jetzt erklär ich dir mal, wie das läuft
Insbesondere am Anfang meiner Anlegerinnentätigkeit habe ich viele Seminare und Finanzevents besucht. Ich weiß, dass ich durch mein eher rundliches Gesicht und meine Größe von 1,65 Metern manchmal etwas jünger wirke. Trotzdem ist dies und die Tatsache kein Mann zu sein, nicht die Einladung mir auf jedem Event unaufgefordert die Welt erklären zu wollen – was sich auch seitdem ich darüber blogge nicht geändert hat.
Erst letzten Samstag war ich auf der Invest, Deutschlands Leitmesse und Kongress für Finanzen und Geldanlage, in Stuttgart. Während ich so durch die Stände schlenderte und viele bekannte Gesichter traf, entdeckte ich ein Magazin, das ich noch nicht kannte. Der Mann im Anzug sah mich, kam auf mich zu und fragte: „Möchten Sie eine Tasche mitnehmen?“
Ja klar, deswegen bin ich ja als junge Frau auf einer Finanz-Messe: Um kostenlose Jutebeutel, Kugelschreiber und idealerweise in paar Notizblöcke abzustauben. Ich ignorierte seine Frage und fragte ihn, worüber denn das Magazin handelt. „Ja, ähm, wissen Sie. Also in dem Magazin geht es um (er fängt an langsamer zu sprechen) Geldanlage.“
Nach meiner Frage, welche Formen der Geldanlage denn konkret und ob das Magazin auf einen bestimmten Bereich spezialisiert sei, zeigte er mir die letzten 10 Seiten im Magazin, die schöne Diamanten, Luxus-Handtaschen und teuren Wein beinhalten. Die ersten 70 Seiten mit ETFs, Gold und Immobilien schienen nicht für mich gedacht zu sein. Schade eigentlich.
Also: Braucht’s noch mehr Finanzinformationen für Frauen? Ja, das braucht’s
Solange in neutralen Büchern und auf Websites davon ausgegangen wird, dass das Publikum rein männlich ist, solange der Kundenberater in der Bank uns den Vertrag in die Hand drückt mit den Worten „Besprechen Sie das in Ruhe zu Hause mit Ihrem Mann/ Freund/ Vater/ Bruder/ Nachbarn/ Postboten“, und solange Männer versuchen uns Frauen die Finanzwelt zu erklären, muss und wird es eben Blogs geben, die Frauen erstens überhaupt und zweitens auf Augenhöhe ansprechen.
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