Falle Rentenlücke – Warum niemand deine wahre Rentenlücke kennt

In der Welt der Altersvorsorge ist die Rentenlücke ein häufig diskutiertes Thema. Viele streben danach, diese Lücke zu berechnen, um besser für den Ruhestand planen zu können. Doch die Wahrheit ist, dass niemand die wahre Größe deiner Rentenlücke exakt vorhersagen kann. Warum das so ist, erfährst du hier.

1. Das Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmenden

Deine Rentenpunkte und damit deine zukünftige Rente hängen nicht nur von deinem eigenen Einkommen ab, sondern auch vom Durchschnittsgehalt aller Beitragszahler. Dieses Durchschnittsgehalt hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert:

  • 2002 bis 2010: Das Durchschnittsgehalt stieg von 28.626,00 € auf 31.144,00 €. Dies entspricht einer prozentualen Erhöhung von etwa 8,8% über einen Zeitraum von acht Jahren. Diese Steigerung zeigt eine moderate Lohnentwicklung in diesem Zeitraum.
  • 2010 bis 2020: Zwischen 2010 und 2020 erhöhte sich das Durchschnittsgehalt von 31.144,00 € auf 39.167,00 €. Diese Veränderung bedeutet eine Zunahme von etwa 25,8%. Diese deutliche Steigerung reflektiert eine stärkere Lohnentwicklung, die möglicherweise auf wirtschaftliches Wachstum und Inflation zurückzuführen ist.
  • 2020 bis 2024: Für den Zeitraum von 2020 bis 2024 ist ein Anstieg des Durchschnittsgehalts von 39.167,00 € auf 45.358,00 € zu verzeichnen. Dies entspricht einer Erhöhung um 15,8% in nur vier Jahren, was eine noch stärkere Lohnentwicklung im Vergleich zu den vorherigen Zeiträumen andeutet.

Die steigenden Zahlen machen es deutlich: Um in der Rentenversicherung mithalten zu können, musst du immer mehr verdienen. Das Durchschnittsgehalt, das nötig ist, um einen Rentenpunkt zu bekommen, klettert Jahr für Jahr nach oben. Das heißt für dich: Nur mit höheren Einkommen sicherst du dir die gleiche Anzahl an Rentenpunkten wie zuvor. Diese Entwicklung hat direkte Auswirkungen auf deine zukünftige Rente. 

Je mehr das Durchschnittsgehalt steigt, desto höher muss auch dein Verdienst sein, um ausreichend Rentenpunkte zu sammeln und deine Rentenansprüche zu wahren. Es ist entscheidend, dass du deine Rentenbeiträge und -ansprüche kontinuierlich an die Lohnentwicklung anpasst, um dein Rentenniveau zu sichern und nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Wenn du in dieser Zeit also nicht die gleichen Gehaltssprünge gemacht hast, wie hier beschrieben, bedeutet das gleichzeitig, dass du immer weniger Rentenpunkte sammelst mit der Zeit.

2. Entscheidungen aus der Politik

Das Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmenden legt fest, wie viele Rentenpunkte du für deine Beiträge erhältst. Aber was ist eigentlich ein Rentenpunkt wert? Dieser Wert, auch bekannt als der aktuelle Rentenwert, wird jedes Jahr neu festgelegt.

Stell dir vor, der aktuelle Rentenwert ist wie der Preis für eine Ware, nur dass diese Ware deine zukünftige Rente ist. Jedes Jahr schaut die Regierung, wie sich die Wirtschaft entwickelt hat, insbesondere die Löhne und Gehälter, und passt den Wert eines Rentenpunktes entsprechend an. So soll sichergestellt werden, dass deine Rente im Verhältnis zu den aktuellen Lebenshaltungskosten bleibt und du im Alter nicht an Kaufkraft verlierst.

Der Wert eines Rentenpunktes bestimmt also, wie viel Euro du im Monat für jeden Punkt bekommst, den du während deines Arbeitslebens angesammelt hast. Wenn du also viele Jahre gearbeitet und viele Punkte gesammelt hast, aber der Wert eines Punktes gering ist, könnte deine Rente niedriger ausfallen, als du erwartet hast. Umgekehrt, wenn der Wert eines Punktes steigt, profitierst du von einer höheren Rente.

Daher ist es wichtig, nicht nur auf die Anzahl der Rentenpunkte zu achten, sondern auch darauf, wie viel ein Punkt wert ist. Denn beide Faktoren bestimmen zusammen, wie großzügig oder knapp deine Rente im Alter sein wird.

Hier eine kurze Übersicht über die Entwicklung in den letzten Jahren:

Von 2010 bis 2024 hat sich der aktuelle Rentenwert in Deutschland signifikant verändert, was einen direkten Einfluss auf die Höhe der Renten hat. Im Jahr 2010 lag der Rentenwert in den alten Bundesländern bei etwa 27,20 Euro und in den neuen Bundesländern bei 24,13 Euro. Diese Differenz spiegelte die unterschiedlichen Lohnniveaus zwischen Ost und West wider. Über die Jahre hinweg wurde jedoch eine schrittweise Angleichung der Rentenwerte verfolgt, mit dem Ziel, eine einheitliche Rentenberechnung für ganz Deutschland zu erreichen.

Bis zum Jahr 2020 stieg der Rentenwert in den alten Bundesländern auf 34,19 Euro und in den neuen Bundesländern auf 33,23 Euro an. Diese Entwicklung zeigt eine deutliche Steigerung und den Willen zur Angleichung der Rentenwerte. Im Jahr 2024 erreichte der Rentenwert schließlich einen einheitlichen Wert von 37,60 Euro für ganz Deutschland. 

Dies stellt eine prozentuale Veränderung von etwa 38,2% in den alten Bundesländern und eine beeindruckende Steigerung von etwa 55,8% in den neuen Bundesländern seit 2010 dar.

Für Rentnerinnen und Rentner bedeutet dies eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation im Ruhestand, vorausgesetzt, die Rentenwerte halten mit der Inflation Schritt. Es zeigt auch, wie politische Entscheidungen und wirtschaftliche Entwicklungen direkt die Höhe der Renten beeinflussen können, was wiederum die Bedeutung einer vorausschauenden und umfassenden Altersvorsorgeplanung unterstreicht.

3. Die Höhe der Einkommensteuer

Die Besteuerung der Rente in Deutschland hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich gewandelt, was direkte Auswirkungen auf das verfügbare Einkommen im Rentenalter hat.

Seit der Einführung des Alterseinkünftegesetzes im Jahr 2005 unterliegen Rentenbezüge einer schrittweisen Besteuerung. Dies bedeutet, dass der steuerpflichtige Anteil der Rente jedes Jahr ansteigt. Ursprünglich waren Renten weitgehend steuerfrei, doch mit dieser Gesetzesänderung begann ein Prozess, der dazu führt, dass ab dem Jahr 2040 Renten vollständig versteuert werden müssen.

Dieser Steuersatz wird durch das Gesamteinkommen im Rentenalter bestimmt, zu dem neben der gesetzlichen Rente auch weitere Einkünfte wie Betriebsrenten, private Rentenversicherungen oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zählen können.

Nehmen wir mal an, du bekommst eine Bruttorente von 1.500 Euro. Dafür müsstest du aktuell übrigens 40 Jahre lang das Durchschnittsgehalt verdienen. Für viele also eine Rentenhöhe, die sehr optimistisch ist. 

Bei einer Bruttorente von 1.500 Euro zahlst du aktuell 198 Euro Einkommensteuer pro Jahr. In 20 Jahren steigt diese Steuerlast auf bereits 747 Euro an.

Das bedeutet, in 20 Jahren zahlst du 277% mehr Einkommenssteuer auf deine Bruttorente von 1.500 Euro im Vergleich zu heute.

Die Höhe der Steuer hängt vom individuellen Steuersatz ab, der wiederum vom Gesamteinkommen im Rentenalter abhängt.

4. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung

Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die im Rentenalter fällig werden, sind ein wichtiger Aspekt, den es bei der Planung der Altersvorsorge zu berücksichtigen gilt. Diese Beiträge mindern das Netto-Renteneinkommen, da sie direkt von der Bruttorente abgezogen werden. Hier einige wichtige Punkte, die du beachten solltest:

  • Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): Als Rentnerin in der GKV zahlst du einen standardisierten Beitragssatz, der sich auf deine gesamten Bruttorente bezieht. Hinzu kommt der Beitrag zur Pflegeversicherung. Der Beitragssatz zur Krankenversicherung ist dabei zur Hälfte von dir und zur Hälfte von der Rentenversicherung zu tragen, während der Beitrag zur Pflegeversicherung vollständig von dir übernommen wird.
  • Private Krankenversicherung (PKV): Bist du privat krankenversichert, hängt die Höhe deiner Beiträge von deinem individuellen Vertrag ab. Im Alter können diese Beiträge besonders für hochwertige Tarife erheblich sein. Einige Versicherer bieten Tarife mit Altersrückstellungen an, die dazu dienen, die Beiträge im Alter zu stabilisieren.
  • Beitragsbemessungsgrenze: Sowohl in der GKV als auch in der PKV gibt es eine Beitragsbemessungsgrenze, bis zu der Beiträge erhoben werden. Ein Einkommen, das über dieser Grenze liegt, wird nicht für die Berechnung der Beiträge herangezogen. Diese Grenze wird regelmäßig angepasst.
  • Veränderungen im Gesundheitssystem: Die Beitragssätze zur Kranken- und Pflegeversicherung können sich aufgrund gesetzlicher Änderungen oder aufgrund der finanziellen Situation der Kranken- und Pflegekassen ändern. Und wir alle Wissen: Der Krankenkasse fehlt es vorne und hinten an Geld. Es bleibt also spannend, wie sich dies in Zukunft entwickeln wird.

Stellen wir uns vor, du trittst heute in den Ruhestand ein und erhältst eine monatliche Bruttorente von 1.500 Euro.  

Krankenkassenbeitrag auf Altersrente: 121,50 Euro

Pflegeversicherungsbeitrag: 51,00 Euro

Angesichts der aktuellen finanziellen Herausforderungen, mit denen die Kranken- und Pflegeversicherungen konfrontiert sind, ist es wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Jahren eine weitere Erhöhung der Beiträge erleben werden. Die Kassen stehen vor dem Problem, dass die Kosten für medizinische Behandlungen und Pflegeleistungen kontinuierlich steigen, während die Einnahmen nicht im gleichen Maße wachsen.

5. Die Inflation

Die Inflation spielt eine entscheidende Rolle für die Kaufkraft deiner Rente. Wenn die Preise für Waren und Dienstleistungen schneller steigen als deine Rente, verlierst du an finanzieller Freiheit. Selbst wenn die nominale Höhe deiner Rente zunimmt, kann die reale Kaufkraft – also das, was du dir tatsächlich leisten kannst – sinken.

Betrachten wir die Inflationsentwicklung in Deutschland in den gleichen Jahren, die wir zuvor für die Rentenpunkte herangezogen haben:

Wir schauen uns die Inflation kumuliert an, das heißt nicht einzelne Jahre, sondern die Zeiträume.

  •       2000 – 2010: Da die Daten ab 2002 beginnen, berechnen wir die kumulierte Inflation von 2002 bis 2010. Hier haben wir eine kumulierte Inflation von ca. 13,6 % für diesen Zeitraum.
  •       2010 – 2020: Die kumulierte Inflation für diesen Zeitraum beträgt ca. 14,0 %.
  •       2020 – 2023: Für diesen kürzeren Zeitraum, basierend auf den angegebenen Inflationsraten, ergibt sich eine kumulierte Inflation von ca. 16,3 %.

Die Inflation der letzten 30 Jahre schwankte zwischen 0,3 % im Jahr 2009 und 6,9 % im Jahr 2022. Wenn wir mit einem durchschnittlichen Inflationswert von 2 % pro Jahr rechnen, bedeutet das, dass deine Rente von 1.500 Euro in 30 Jahren real nicht mehr denselben Wert haben wird. 

Stattdessen wird der Wert deiner Rente, angepasst an die Kaufkraft, deutlich geringer sein und zwar liegt er bei 828 Euro. Und ja, wir sprechen hier vom Bruttowert. 

Gleichzeitig bedeutet dies, du müsstest 2700 Euro an Brutto-Rente haben, damit dieser Wert gleich bleibt.

 

Vergleich: Inflation vs. Rentenwert

2010 bis 2020:

  • Inflation: Kumulierte Inflation ca. 14,0 %
  • Rentenwert: Anstieg von ca. 27,20 Euro auf 34,19 Euro in den alten Bundesländern, was einer Steigerung von ca. 25,7 % entspricht.
  • Fazit: Der Rentenwert ist in diesem Zeitraum stärker gestiegen als die Inflation.

2020 bis 2023:

  • Inflation: Kumulierte Inflation ca. 16,3 %
  • Rentenwert: Anstieg von ca. 34,19 Euro auf 37,60 Euro, was einer Steigerung von ca. 10 % entspricht.
  • Fazit: Die Inflation ist in diesem Zeitraum stärker gestiegen als der Rentenwert.

Über die gesamten betrachteten Zeiträume hinweg zeigt sich, dass die Inflation und der Rentenwert mal stärker und mal schwächer gestiegen sind. Zwischen 2010 und 2020 konnte der Rentenwert stärker steigen als die Inflation, was positiv für die Kaufkraft der Renten war. In den anderen Zeiträumen, insbesondere von 2020 bis 2023, stieg die Inflation jedoch stärker als der Rentenwert, was die Kaufkraft der Renten negativ beeinflusse. 

Dies verdeutlicht die Herausforderung, die Renten an die tatsächliche Preisentwicklung anzupassen, um den Lebensstandard der Rentnerinnen und Rentner zu erhalten.

Für dich bedeutet das: Es ist riskant, darauf zu vertrauen, dass der Rentenwert immer mit der Inflation Schritt hält und deine Rente ihren Wert behält. Das aktuelle Problem vieler Rentnerinnen und Rentner zeigt, dass ihre Renten erheblich an Kaufkraft verloren haben. Die Schwankungen zwischen der Entwicklung des Rentenwerts und der Inflation unterstreichen die Notwendigkeit, zusätzliche Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um im Alter finanziell abgesichert zu sein und den gewünschten Lebensstandard halten zu können.

Fazit

Die Rentenlücke wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, die sich ständig ändern und die unmöglich alle vorhersehbar sind. Dazu gehören wirtschaftliche Entwicklungen, Inflationsraten, gesetzliche Änderungen im Rentensystem, die Entwicklung des Arbeitsmarktes und nicht zuletzt deine persönliche Lebenssituation und Karriere- wie wir in der letzten Folge gelernt haben.

 All diese Faktoren zusammen führen dazu, dass jede Berechnung der Rentenlücke mit Unsicherheiten behaftet ist.

Zudem ändern sich die Rahmenbedingungen für die Rentenberechnung fortlaufend. Politische Entscheidungen können die Höhe der Rentenbeiträge, das Renteneintrittsalter oder die Berechnungsgrundlagen für Rentenpunkte von heute auf morgen verändern.

Die wirtschaftliche Lage und die Inflation beeinflussen die Kaufkraft deiner Rente. Deine eigene Karriereentwicklung, mögliche Erwerbsunterbrechungen oder Veränderungen im Familienstand sind weitere Faktoren, die sich auf deine Rentenansprüche auswirken können.

All diese Unwägbarkeiten machen es unmöglich, eine exakte Vorhersage über die Höhe deiner Rentenlücke zu treffen. Deshalb ist es wichtig, die Berechnung der Rentenlücke als das zu betrachten, was sie ist:

Eine Schätzung, die dir dabei helfen kann, ein Bewusstsein für deine finanzielle Zukunft zu entwickeln und entsprechend zu planen. Sie sollte dich motivieren, aktiv zu werden und Vorsorgemaßnahmen zu treffen, aber sie kann und sollte nicht als exakte Vorhersage verstanden werden.

Im Fortunalista Bootcamp legen wir großen Wert darauf, unseren Teilnehmerinnen dieses Bewusstsein zu vermitteln. Wir zeigen ihnen Wege auf, wie sie trotz der Unvorhersehbarkeiten bestmöglich für ihr Alter vorsorgen können, indem wir ihnen das nötige Wissen und die Werkzeuge an die Hand geben, um informierte Entscheidungen zu treffen. Denn am Ende ist es das, was zählt: Dass du dich in deinem Ruhestand finanziell sicher fühlst, unabhängig davon, wie genau deine Rentenlücke im Vorfeld berechnet werden konnte.

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