Wenn du heutzutage die Chancen am Aktien- oder Anleihemarkt wahrnehmen möchtest, hast du mittlerweile die Qual der Wahl. Noch vor 10-15 Jahren bestanden die einzigen gängigen Optionen darin, direkt in interessante Aktien zu investieren. Was allerdings bedeutet, du verwendest einen Großteil deiner Freizeit darauf, Informationen einzuholen und zu vergleichen. Oder eben einen Aktienkorb mittels eines Investmentfonds zu übernehmen. Diese als sogenannte „aktiv gemanagte“ Fonds zeichneten sich zwar durch solides Wachstum, aber auch hohe Gebühren aus. Und wir wissen ja: Hohe Gebühren schmälern unsere Rendite. Da ist es fast egal, wenn dein Fonds eine super Performance hinlegt, du aber das meiste Geld für einen Vermögensverwalter ausgeben musst.
Kein Wunder also, dass alle Welt nur noch nach ETFs schreit – zu Recht wohlgemerkt. Das stark wachsende Segment der ETFs (Exchange Traded Funds) bietet dir eine Möglichkeit, kostengünstig in den breiten Aktienmarkt zu investieren.
Im Gegensatz zu den bekannten aktiven nutzt diese auch als passives Investieren bekannte Strategie vorhandene Indizes, die in der Regel 1:1 nachgebildet werden. Da der Arbeitsaufwand hierdurch minimal ist, kommen viele ETFs mit jährlichen Gebühren von unter 0,5 Prozent aus, während klassische Investmentfonds durchschnittlich bei über 1,9 Prozent liegen. Mehr Vorteile von ETFs findest du unter Vor – und Nachteile von ETFs.
ETFs haben jedoch auch Nachteile. Einer der größten hierbei ist , dass keinerlei Steuerung innerhalb des Index und daher auch keine individuelle Gewichtung stattfindet. Eine „Überrendite“ ist somit nicht möglich. Du kannst also maximal wirklich nur das erzielen, was auch der Markt erzielt. Das bedeutet also, du kannst beispielsweise nie besser sein, als ein MSCI World Globaler Aktienindex, der die Kursentwicklung von rund 1.500 mittelgroßen und großen Unternehmen aus 23 Industrieländern abbildet. oder ein DAX Der bedeutendste deutsche Aktienindex, der die Wertentwicklung der 40 größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes repräsentiert. .
Smart Beta ETFs setzen genau an diesem Problem an. Sie schaffen zusätzliche Kriterien, die eine von der jeweiligen Indexzusammensetzung abweichende Gewichtung ermöglichen. Da diese Kriterien, auch Faktoren genannt, von Vornherein feststehen, muss der Fondsmanager seine Entscheidungen nicht permanent hinterfragen, sondern orientiert sich an den Faktoren und vergleicht sie miteinander. Diese können jedoch grundsätzlich in regelmäßigen Abständen angepasst werden. Die Smart Beta Strategie rangiert somit in der Mitte zwischen starren ETFs und aktiv gemanagten Fonds.
Wie jeder gängige ETF muss auch der Smart Beta einen Index auswählen, den er grundsätzlich abbildet. Hinzu kommt jedoch noch das Festlegen eines oder mehrerer Faktoren, die eine vom jeweiligen Index abweichende Gewichtung ermöglichen. Hierbei können die üblichen Faktoren Verwendung finden, es können aber auch individuelle exotische Faktoren gewählt werden, falls der Fondsmanager der Ansicht ist, hierdurch einen Mehrertrag zu erwirtschaften.
Die grundsätzliche Aktienauswahl ist damit zwar zum Index nahezu identisch, die Gewichtung erfolgt allerdings anhand der Faktoren. Aus diesem Grund werden sie auch Faktor-ETFs genannt.
Die Auswahl an sinnvollen Faktoren erscheint auf den ersten Blick nahezu unbegrenzt. Neben gängigen Kriterien aus der Investmenttheorie können auch „exotischere“ Faktoren wie z.B. Umweltaspekte oder Nachhaltigkeit Berücksichtigung finden. Um den Rahmen nicht zu sprengen, gehen wir im Folgenden auf die gängigen Faktoren ein:
Die vermutlich einfachste Alternative zur Gewichtung eines Fonds ist vermutlich der Faktor Equal weight. Hierbei erfolgt die Gewichtung anhand der üblichen Indexzusammensetzung. Sprich: du hast im Smart Beta ETF die gleichen Anteile im Fonds, wie auch im Index. Damit vermeidet man Konzentrationsrisiken von Unternehmen mit überproportional starker Marktkapitalisierung.
Dies entspricht in der Regel der Strategie üblicher ETFs und kann daher vernachlässigt werden. Wozu dann der ganze Aufwand, denkst du dir? Von Bedeutung ist dieser Faktor vor allem bei der Kombination mehrerer Faktoren. Also, wenn der ETF mehrere Faktoren berücksichtigt und sie mischt.
Hierbei erfolgt eine Gewichtung anhand der Marktkapitalisierung Der Gesamtwert der in Umlauf befindlichen Aktien eines börsennotierten Unternehmens. . Es kann sich zum Beispiel lohnen, gezielt auf sogenannte Mid-Caps oder Small Caps zu setzen und somit die Aktien im Index mit der geringsten Marktkapitalisierung zu übergewichten. Dies äußert sich oftmals in einer höheren Volatilität, aber auch in einem größeren Gewinnpotenzial als das Investieren in Blue Chips. Blue Chips sind die großen Marktführer aus dem DAX. Große Unternehmen wachsen meist nicht mehr so schnell, wie kleinere Unternehmen.
Die Gewichtung nach Größe lässt sich natürlich auch umgekehrt vornehmen, um den ETF stabiler und mit geringerer Volatilität aufzustellen als der jeweilige Index. Dann hast du hier vor allem viele große wertvolle Unternehmen, die dir eine schöne Dividende zahlen, aber deren Wert dafür nicht mehr so schnell steigt.
Die klassische Valuestrategie setzt an unterschiedlichen Parametern wie beispielsweise dem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) an. Das KGV ist eine häufig gebrauchte ökonomische Kennzahl zur Beurteilung von Aktien. Hierbei wird der Kurs der Aktie ins Verhältnis zu dem für einen Vergleichszeitraum bestimmten oder erwarteten Gewinn je Aktie gesetzt. Je niedriger das KGV, desto günstiger die Aktie.
Verfolgt man diese Strategie, können im ETF einzelne Titel mit entsprechend niedrigem KGV gegenüber dem zu Grunde liegenden Index übergewichtet werden. Üblicherweise nutzt das Konzept Value eine Vielzahl an Parametern wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis oder auch die Dividendenrendite. Diese Value-Faktoren werden dann entsprechend der eigenen Vorlieben und Ziele untereinander in Bezug gesetzt. Am Ende resultiert eine Zusammensetzung des ETF, bei dem du Aktien mit den besten Value-Kriterien hast.
Übrigens ist das eine Strategie, die auch Warren Buffett befolgt. Der Börsenguru sucht immer nach Unternehmen, die unterbewertet sind du kauft deren Aktien günstig ein. Danach wartet er einfach, dass die Kurse steigen und sich an den Wert und Gewinn des Unternehmens anpassen.
Unter dem sogenannten Momentum versteht man die aktuelle Verfassung des Aktienkurses. Konnte der jeweilige Aktienkurs seinen Leitindex zum Beispiel in den letzten 6 Monaten outperformen, spricht man von einem positiven Momentum in der Aktie. Momentum-Anlagen setzten somit auf Trends und beruhen auf dem Konzept, dass steigende Aktien weiter steigen und fallende weiter fallen.
Wird diese Strategie im ETF verfolgt, setzt man hauptsächlich auf Aktien, die sich in der jüngeren Vergangenheit überdurchschnittlich positiv entwickelt haben und daher augenscheinlich in der Gunst der Anleger hoch im Kurs stehen. Man geht davon aus, dass dieser Trend bestehen bleibt und verspricht sich somit eine bessere Performance des ETF.
Jede, die schon mal ein gutes Finanzbuch in die Hand genommen hat, müsste an dieser Stelle die Stirn runzeln. Schließlich soll man aus der Vergangenheit niemals in die Zukunft blicken. Jede Aktie, die lange Zeit steigt, kann plötzlich wieder fallen (Stichwort: Wirecard) Und umgekehrt natürlich auch: Jede Aktie, die nur vor sich hinvegetiert, kann auch plötzlich einen Durchbruch haben und steigen.
Schaut man sich die Jahresrendite von ETFS mit Momentum-Faktor, an, stellt man fest, dass sich hier die Performance des letzten Jahres zwischen 3,83 und 15,08 Prozent bewegt. Der erfolgreichste ist ein Smart Beta ETF von Blackrock, der auf dem MSCI Europe beruht. Im Vergleich: Normale ETFs auf diesen Index haben im gleichen Zeitraum einen Verlust von – 7 Prozent eingefahren.
Vielleicht ist diese Strategie also doch nicht so verkehrt.
Der Quality-Ansatz unterscheidet sich nur geringfügig vom Value-Ansatz. Hinzu kommen hier noch weichere Kriterien wie eine Bewertung des Managements und die Zukunftsfähigkeit der Produkte. Im Gegensatz zu den bekannten Kennziffern erfolgt hierbei noch eine subjektive Einschätzung des Fondsmanagers, da Quality-Kriterien schwer objektiv nachprüfbar sind.
Hier geht es darum, besonders „stabile” Aktien mit solider Finanzierung und stabilem Geschäftsmodell zu finden. Idealerweise sind es Unternehmen, die auch in Krisenzeiten resistent sind und auch bei einer Rezession noch stabil sind.
In dieser Strategie werden Aktien übergewichtet, die eine niedrige Volatilität aufweisen. Der ETF wird somit berechenbarer mit deutlich geringerer Schwankungsbreite. Also, wenn sich die Aktie nur langsam entwickelt oder auch, wenn sie sich seitwärts entwickelt.
Warum wählen Anleger diese Strategie? Volatilität ist eben auch mit Risiko verbunden. Habe ich eine hohe Volatilität, habe ich auch ein hohes Risiko. Dieser Faktor ist also vor allem für konservative Anleger, die nur wenig Risiko tolerieren möchten, interessant. Oder Anleger mit einem kurzen Anlagehorizont.
Wird das Geld also in wenigen Jahren gebraucht, kann es in solche ETFs investiert werden, die zumindest eine kleine Rendite oder sogar eine gute Dividende ermöglichen.
Bei dieser Strategie werden Unternehmen mit hoher Dividendenrendite Die Dividendenrendite gibt die Verzinsung des investierten Aktienkapitals je Aktie in Prozent an. Das ist also die Höhe der Gewinnbeteiligung, die du als Aktionärin ausgezahlt bekommst. Die Dividendenrendite ergibt sich aus der Division der Dividende durch den aktuellen Aktienkurs multipliziert mit 100. übergewichtet, aber auch die Konstanz der Dividendenausschüttung kann berücksichtigt werden. Zumeist geht dieser Ansatz in der Value-Strategie auf, kann aber auch als einzelner unabhängiger Faktor berücksichtigt werden. Der Grundgedanke ist, dass Titel mit hoher und stabiler Dividende besser performen als der Gesamtmarkt.
Die vergangenen Jahre zeigen nämlich, dass insbesondere Tech-Werte mit geringer Dividendenrendite den Gesamtmarkt outperformt haben. Wenn du also einen starken Wertzuwachs haben möchtest, ist das vielleicht die falsche Stategie für dich. Dividenden-ETFs lohnen sich aber vor allem dann, wenn du dir mit den regelmäßigen Ausschüttungen auch ein passives Einkommen aufbauen möchtest.
Die Vorteile der Smart Beta ETFs liegen vor allem in der intelligenten Kombination des grundsätzlich passiven Investierens mit aktiven Ansätzen aus den klassischen Investmentfonds. Sowohl der zu Grunde liegende Index wie auch die jeweiligen Faktoren sind transparent, sodass die Entscheidungen des Managements leichter nachvollzogen werden können als bei aktiv gemanagten Fonds. Ein Mehrertrag, verglichen mit üblichen ETFs, ist daher möglich, jedoch nicht garantiert.
Smart Beta ETFs sind noch etwas teurer in der Verwaltung als gängige ETFs. Dies liegt vor allem daran, dass es nicht einfach genügt, den Index abzubilden, sondern darüber hinaus eine ständig anzupassende Gewichtung der einzelnen Aktien anhand der gewählten Faktoren erfolgen muss. Und wie wir alle wissen, schämen Kosten deine Rendite. Andererseits gibt es tatsächlich einige Smart Beta ETFs, die verglichen mit ihrer jeweiligen Benchmark besser abschneiden und die höheren Kosten wieder ausgleichen.
Ein weiterer Nachteil: Im Gegensatz zu klassischen ETFs, die aktuell nur so aus dem Boden sprießen, sind sie bislang noch recht selten und daher in Teilen schwer handelbar.
Wer die Vorteile zweier Welten, der passiv und aktiv gemanagten Fonds kombinieren möchte, für den stellt ein Smart Beta ETF eine sehr gute Lösung dar. Wichtig hierbei ist vor allem, dass man an den Mehrertrag der zu Grunde liegenden Faktoren glaubt. Da die Verwaltungsgebühren jedoch höher sind, solltest du deine jeweilige Strategie in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob auch tatsächlich ein Mehrertrag erzielt werden kann.