Basiswissen Derivate: Einstieg in Optionsscheine

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Derivate – von manchen geächtet oder gefürchtet, von anderen wiederum verehrt. Mit Glück und Können kann man mit Derivaten sein Geld schnell vermehren. Aber leider auch genauso schnell komplett verlieren. Dieses Mal möchte ich euch neben den bisherigen Zertifikaten ein weiteres Derivate-Produkt vorstellen: Optionsscheine.

Was ist ein Optionsschein?

Mit dem Kauf des Optionsrechts erwirbt der Anleger den Anspruch, innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine Leistung zu einem bestimmten Preis zu verlangen. Der Zeitraum wird wie auch bei Zertifikaten vorher genau definiert und festgesetzt. Ebenso die Leistung, die im Finanzwesen aus Wertpapieren (Aktien von Unternehmen), Rohstoffen (zum Beispiel Gold, Kaffee oder Öl) sowie anderen Währungen (Dollar, Yen, etc.) bestehen kann. Der Inhaber eines Optionsscheines kann nun Waren zu einem bestimmten Basispreis kaufen (Call) oder verkaufen (Put).

Diese Funktion von Optionsscheinen gab es übrigens bereits in der Antike: So konnte ein Bauer den Preis für seine Ernte noch vor der der Lieferung sichern. Für den Bauer stellte dies eine Form der Absicherung dar: Sank der Preis für die Ware, wie zum Beispiel Kartoffeln zur Erntezeit, dann konnte er sich auf seine Einnahmen verlassen und damit seine Familie absichern. Der Käufer hingegen konnte die Ware zu einem festgelegten Preis kaufen, auch wenn das Erntejahr mager ausfiel und die Preise dadurch in die Höhe stiegen.

Der Optionsschein-Inhaber hat ein Recht, von seiner Option, also dem Kauf oder dem Verkauf, Gebrauch zu machen – er ist allerdings nicht dazu verpflichtet. Während Terminkontrakte wie Future-Zertifikate an ihrem Laufzeitende in jedem Fall abgerechnet werden, kann der Inhaber eines Optionsscheins sein Recht auch einfach verfallen lassen.

Unterschied Call und Put

Wie bereits oben erwähnt gibt es die Möglichkeit einen Kauf-Optionsschein (Call) oder einen Verkaufs-Optionsschein (Put) zu erwerben.

Kauf-Optionsschein (Call)

Beim Call erhält der Anleger das Recht, eine bestimmte Anzahl von Aktien, Anleihen, Indizes oder Devisen von einem Vertragspartner abzurufen – daher auch das Wort Call. Aktien, Anleihen, Indizes oder Devisen stellen hier die Basiswerte dar. Näheres dazu findest du auch im Initial-Artikel zu Derivaten.

Nehmen wir an, du erwirbst von der Bank die Kaufoption auf die Louis-Vuitton-Aktie mit einem Basispreis von 300€. Die Laufzeit beträgt ein Jahr und der Optionstyp ist amerikanisch, was bedeutet, dass du das Recht hast, von der Bank die Lieferung der Louis-Vuitton-Aktie zu einem Preis von 300€ zu verlangen. Das lohnt sich für dich natürlich nur dann, wenn die Aktie auf dem Markt über der 300€-Marke liegt. Also bei vielleicht 320€. Falls die Aktie aber auf 280€ steht, lässt du deine Kaufoption einfach verfallen und kaufst die Aktie ganz regulär an der Börse.

Allerdings musst du hierbei noch die Optionsprämie beachten: Angenommen, der Preis des 300€-Calls auf die Louis-Vuitton-Aktie beträgt 30€. Dann zahlst du der Bank 30€ dafür, dass du das Recht erwirbst, die Aktie zu einem Preis von 300 Euro innerhalb eines Jahres zu kaufen. Hier lohnt es sich also erst dann für dich, wenn der Kurs über 330€ steigt.

Verkaufs-Optionschein (Put)

Beim Put erhält der Anleger das Recht, eine bestimmte Anzahl eines Basiswerts seinem Vertragspartner zu liefern. Diesen Vertragspartner (Verkäufer der Option) nennt man auch Stillhalter. Stillhalter, weil er als sich verpflichtet, eine bestimmte Anzahl des Basiswerts zu einem vereinbarten Preis innerhalb des zu Beginn festgelegten Zeitraums oder zu einem bestimmten Datum zu liefern oder abzunehmen. Als Gegenleistung erhält der Stillhalter vom Käufer des Optionsscheins eine Prämie. Der Stillhalter geht dabei eine Verpflichtung ein, der Käufer der Option nicht.
Nehmen wir hier wieder das Beispiel Louis Vuitton: Die Aktie liegt bei 300€. Der Put auf die Aktie soll einen Basispreis von ebenfalls 300€ haben und 30€ kosten. Am Laufzeitende hat der Put einen positiven Wert, sollte die Aktie unter 300€ notieren. Einen Gewinn erzielst du aber erst, wenn die Aktie unterhalb von 270€ schließt.

Wenn der Preis des Basiswertes oberhalb des Basispreises von 300€ notiert, wird auf eine Ausübung in der Regel verzichtet. Deshalb ist der maximale Verlust auf die bezahlte Optionsprämie (in diesem Fall 30€) beschränkt.

Die wichtigsten Begriffe

Wer mein Börsen-Bullshit-Bingo kennt, weiß, dass die Finanzwelt voller Fachbegriffe steht, die es zu verstehen gilt – besonders dann, wenn es sich um Derivate handelt. Hier sind die wichtigsten Begriffe im Handel mit Optionsscheinen:

  • Basispreis: Der Basispreis gibt das Kursziel an, dass du beim Basiswert für wahrscheinlich hältst. So könnte die Louis-Vuitton-Aktie einen Basiswert (Aktienwert) von 300€ haben, während du annimmst, dass sie auf einen Basispreis von 330€ steigt.
  • Laufzeit: Die maximale Laufzeit für Optionsscheine beträgt drei Jahre. Meistens werden sie jedoch schon früher fällig. Ziel ist, dass der Basispreis vor Fälligkeit erreicht wird.
  • Aufgeld: Hinter diesem Begriff verbirgt sich der wichtigste Entscheidungsfaktor für den Kauf eines Optionsscheins, denn er gibt an, wann du in die Gewinnzone kommst. Im Falle eines Calls, gibt das Aufgeld an, um wie viel Prozent der Basiswert bis zur Fälligkeit steigen muss, damit du deine Gewinnschwelle erreichst. Im hier genannten Beispiel der Louis-Vuitton-Aktie sind es 10%. Du solltest den Optionsschein also nur dann kaufen, wenn du glaubst, dass das während der Laufzeit noch mehr Taschen verkauft und die Aktie um ganze 10% steigen kann.
  • Omega-Hebel: Dieser gibt an, welchen Hebel der Optionsschein besitzt. Genauer gesagt: Der Omega-Hebel gibt an, um wie viele Prozentpunkte sich der Kurs des Optionsscheins verändert, wenn der Basiswert um 1% steigt. Das Problem hierbei ist, dass sich dieser Hebel ständig verändern kann!
  • Delta: Das Delta drückt das Maß der Preisentwicklung in absoluten Zahlen aus. Die Angaben variieren bei Calls zwischen 0 und 1, was bedeutet zwischen 0% und 100%. Und bei Puts entsprechend zwischen -1 und 0.
  • Innerer Wert: Auf die inneren Werte kommt es an – so auch bei Optionsscheinen. Hinter diesem Begriff verbirgt sich der tatsächlich, aktuelle Wert des Optionsscheins. Berechnen kannst du ihn ganz einfach, indem du vom aktuellen Basiswert den Basispreis abziehst.
  • Zeitwert: Der Zeitwert ist die Gebühr des Optionsscheins. Somit beträgt er die Differenz zwischen dem Preis für den Optionsschein und dem inneren Wert.
  • Implizite Volatilität: Das ist die Prognose über die zukünftige Schwankungsbreite des Basiswerts. Das Gegenteil dazu ist die historische Volatilität, bei der man in die Vergangenheit schaut und die Kursschwankungen errechnet. Aber wen interessiert im Finanzwesen schon die Vergangenheit. Wenn die Louis-Vuitton-Aktie im letzten Jahr um 20% gestiegen ist, weil jede Vorstadtmutti heutzutage mit der Speedy oder der Neverful rumläuft, heißt es nicht, dass das auch im nächsten Jahr so weitergeht. Denn dann ist vielleicht wieder Prada angesagt und für Louis Vuitton interessiert sich niemand mehr.

Risiken bei Optionsscheinen

Wie bei allen Derivaten gilt: Obacht! Denn Derivate sind nichts für Einsteiger. Ein wenig Erfahrung und Börsenwissen solltest du mitbringen, wenn du in Derivate investieren möchtest. Man muss bedenken, dass bei hohen Schwankungen an der Börse, die Banken eine Art „Risikoprämie“ kassieren, was den Einstieg in Optionsscheine verteuert. Außerdem kann noch das allgemeine Zinsniveau den Kurs beeinflussen und je nach Basiswert auch Dividendenausschüttungen. Es gibt also eine Menge Faktoren, die es zu beachten gilt!