Short Selling: Die Spekulation auf fallende Kurse

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Beim Short Selling setzen Anlegerinnen statt auf steigende, auf fallende Kurse. Das Ziel ist somit, nicht an einer positiven Unternehmensentwicklung beteiligt zu sein, sondern eine Wette einzugehen, welcher Aktienkurs wohl einstürzt. Alle wichtigen Infos übers Short Selling und warum es so sehr in Verruf ist, findest du in diesem Beitrag.

Short Selling: Alles nur Spekulation?

Die meisten von euch kennen sicherlich den Klassiker „The Big Short“ mit Ryan Gosling und Brad Pitt, in dem die düstere Zeit der Finanzkrise 2007/2008 dargestellt wird. Zu dieser Zeit wollte man die Welt nach den Terroranschlägen 2001 vor einer Wirtschaftskrise bewahren und versuchte mit geldpolitischen Maßnahmen diese wieder anzukurbeln.

Es wurde immer mehr Geld gedruckt und die Zinsen immer weiter gesenkt. Zeitgleich wurden auch immer mehr Kredite vergeben, leider auch oft willkürlich und ohne ausreichende Prüfung der Kreditnehmer. Dies führte dazu, dass so gut wie jeder der einen Kredit aufnehmen wollte, diesen auch bekam.

Banken verdienten zur damaligen Zeit nicht nur an der Kreditvergabe, sondern bündelten diese Kredite auch zu Wertpapierpaketen und verkauften diese weltweit weiter. In diesem Zug wurde auch das Ausfallrisiko des Kredits auf den jeweiligen Käufer übertragen. Die Welt verfiel in eine Art Goldrausch. Die Wirtschaft wuchs immer stärker und die Kreditvergabe kannte kein Ende mehr. Es dauerte nicht lange, als die ersten Häuslebauer ihre Kredite mangels Zahlungsfähigkeit nicht mehr tilgen konnten und somit die ersten Ausfälle auf dem Markt registriert wurden.

Als sich diese Kreditausfälle häuften, sanken die Immobilienpreise immer weiter – Panik kam auf. Immer mehr Kreditnehmer verkauften ihre Häuser aus Angst sie könnten noch tiefer in die Schuldenfalle geraten. Die Kredite waren somit auf Grund des Wertverlustes der Immobilien nicht mehr ausreichend gedeckt.

Der Hedgefondsmanager Michael Burry hat zu dieser Zeit verstanden, dass der Immobilienmarkt zusammenbrechen wird und beschloss auf die fallenden Immobilienpreise und die damit verbundenen Kreditausfälle zu wetten. Unzählige weitere Investoren schlossen sich ihm an. „The Big Short“ war also geboren, „Short“ deswegen weil man im Fachjargon die Wette auf fallende Kurse eines bestimmten Wertes „shorten“ nennt.

Was bedeutet „shorten“ genau und wie funktioniert es?

Shorten beziehungsweise Short Selling bedeutet auf deutsch in etwa Leerverkauf. Gemeint ist damit, die Wette auf fallende Kurse. Während man bei Long-Positionen auf steigenden Kurse und Wertzuwachs setzt, setzt man bei Short-Positionen auf fallende Kurse.

Bei Long-Positionen werden Unternehmen mit positiver Wachstumsrate und Gewinnperspektive ausgewählt um langfristig Vermögen aufzubauen. Bei Short-Positionen hingegen Unternehmen mit schlechter Geschäftslage und gegebenenfalls bereits realisierten Verlusten.

Um dir das Prinzip anschaulicher zu machen, möchte ich dies anhand eines Beispiels erklären.

Die Leerverkäuferinnen, welche auf fallende Kurse spekuliert, leiht sich am 01.05. von ihrer Bank/ihrem Broker 1.000 Aktien zu einer Leihgebühr von 500,00 €, der vereinbarte Rückgabetermin ist der 01.06. Da sich die Leerverkäuferin diese Aktien lediglich für einen vereinbarten Zeitraum lediglich leiht und nicht direkt kauft, sind diese nach wie vor Eigentum der Bank und somit fremdes Eigentum. Die Leerverkäuferin verkauft die Aktien nach Erhalt zum Kurs von 100,00 € je Aktien an der Börse, was bedeutet sie generiert dadurch einen Umsatz von 100.000,00 €. Da die Spekulantin der festen Überzeugung ist, dass der Kurs der Aktie fällt, wartet diese bis der Fall eintritt und die Aktie bei unter 1 00,00 pro Stück liegt.

Fällt der Kurs dann innerhalb der vereinbarten Rückgabefrist beispielsweise auf 80,00 € pro Stück und kauft die Spekulantin im Zuge dessen die geliehenen 1.000 Aktien zurück, hat sie die geliehenen Aktien für 80.000,00 € gekauft und somit einen Gewinn von 20.000,00 € generiert.

Da jedoch die Leihgabe von keiner Bank oder Broker kostenfrei erfolgt, fallen natürlich Zinsen und/oder Leihgebühren an. In diesem konkreten Fall müsste die Leerverkäuferin von ihren 20.000,00 € Gewinn noch die 500,00 € Leihgebühren abziehen. Damit hätte sie jedoch nach wie vor in kurzer Zeit ohne eingesetztes Eigenkapital 19.500,00 € generiert.

Was passiert jedoch, wenn die Kurse nicht fallen, sondern entgegen der Einschätzung der Leerverkäuferin steigen?

Sollte die Wette der Traderin nicht aufgehen und die Kurse stetig steigen, hätte sie ein enormes, wenn nicht existenzbedrohendes Problem. Da es bei Aktienkursen theoretisch kein Limit nach oben gibt und die Traderin nach den vereinbarten 4 Wochen die geliehenen Aktien inklusive Zinsen/Gebühren zurückgeben muss, kann dies in einem finanziellen Fiasko enden.

Dabei gilt es zu beachten: Selbst wenn sie mit ihrer Spekulation unrecht hat und der Kurs weder fällt noch steigt, macht sie damit ein Verlustgeschäft in Höhe der vereinbarten Leihgebühr!

So berechnest du deinen generierten Gewinn bzw. Verlust:
Verkaufskurs – Kaufkurs – Leihgebühr/Zinsen = Gewinn bzw. Verlust

Warum sollte ich Aktien „shorten“

Im Grunde gibt es zwei verbreitete Gründe für den Leerverkauf von Aktien.

  • Zum Einen ist die Spekulation auf fallende Kurse, beispielsweise bei stark gehypten Trendaktien, bei Bärenmärkten oder bei über lange Zeit anhaltenden Kursverlusten eines Unternehmens auf Grund von einer schlechten Geschäftslage als möglicher Grund zu nennen.
  • Zum Anderen besteht jedoch auch die Möglichkeit seine Long-Positionen mit Leerverkäufen abzusichern. Ziel ist es hier den Verlust den man bei fallenden Kursen mit seinen Long-Positionen generiert mit der Short-Position auszugleichen beziehungsweise der Auswirkung der fallenden Kurse entgegenzuwirken. Da die Absicherung durch diese Methode jedoch eher einer „Ausfallversicherung“ gleicht, ist diese ebenfalls mit Kosten in Form von Zinsen und Gebühren verbunden.

Welche Vor- und Nachteile bietet das „Short-Selling“?

Vorteile

  • Chance auf hohe Renditen ohne nennenswerten Einsatz von Eigenkapital
  • die Möglichkeit in kurzer Zeit viel Gewinn zu erzielen
  • Gewinne bei fallenden Kursen erzielen
  • Absicherung von Long-Positionen

Nachteile

  • Verkauf von fremden Eigentum
  • Verluste sind nach oben nicht gedeckelt
  • Zinsen und Leihgebühren

Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?

Um Leerverkäufe in Deutschland tätigen zu dürfen, musst du zuallererst eine Bescheinigung zur Termingeschäftsfähigkeit nachweisen können. Diese Bescheinigung belegt, dass du über sämtliche Risiken von deiner Bank aufgeklärt wurdest und diese auch anerkennst.

Beantragen kannst du diese bei deinem Broker beziehungsweise bei deiner Bank. Erfüllst du alle Voraussetzungen und wurdest über das hohe Risiko aufgeklärt, wird dir die Bescheinigung ausgestellt und du kannst loslegen

Lohnt es sich für langfristige Privatanlegerinnen zu shorten?

Da es sich bei dieser Methode nicht um eine Investition mit gesetzten langfristigen Zielen handelt, sondern um eine Spekulation mit kurzfristig gesetzten Zielen, lohnt sich diese eher für sehr erfahrene und vor allem risikoaffine Anlegerinnen.

An der Börse gilt, Zeitraum schlägt Zeitpunkt. Das heißt, in Vergangenheit konnten Kurseinbrüche auf Grund diverser wirtschaftlicher oder politischer Gründe auch ohne derartige Absicherungsmethoden langfristig wieder aufgeholt beziehungsweise oft sogar überschritten werden. Da niemand die Fähigkeit besitzt in die Glaskugel zu blicken, ist dies aber leider keine Garantie für künftige Kursverläufe.